Pascale Berthier Herzog : Tolatis, die Wende eines Pferdes (Kapitel 1, 2, 3, 4, 5 )

Dies ist eine fiktive Geschichte.

*Alle Ähnlichkeiten mit existierenden oder früher existierenden Personen ist… bedauerlich und, leider für die Pferde, oft nicht vermeidbar.
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Vorwort:

Diese Situation hätte niemand vorhersehen können, trotz der knallharten Kalkulation für das zukünftige Leben dieses Hengstes, wusste wohl der Besitzer, dass dies die günstigste und effizienteste Lösung sein wird…für jede Partei.

Wie es dazu kam, darf ich vertraglich nicht verraten.

Die Gegenpartei: Reiter und Besitzer, müssen mit mir kooperieren, was das Wohl und das Training von Tolatis betrifft.

Ich darf aber diese Geschichte auch in der Öffentlichkeit erzählen. Ich soll nur ein paar Details, auch über Tolatis, nicht unbedingt verbreiten.

Kapitel I
Angekommen.

Tolatis ist – wie man im reiterlichen Milieu sagt – ein Pferd sehr nah am Blut. Das bedeutet für uns, dass er oft lieber über der Erde wäre, als sie einfach entspannt zu beschreiten. Sein Bewegungsvermögen ist noch dazu so spektakulär, dass seine bislang erfolgreiche Sportkarriere darin bestand zu lernen, wie man sich unterwirft, ohne seine Gesundheit zu verlieren und seine Gehlust zu mindern. Es funktionierte… bis zu diesem Zeitpunkt, wo er plötzlich  von jeglicher viereckigen Fläche verschwand: Dressurplatz, Podium, Bildschirm.

Nach 5 Stunden Reise ist Tolatis heute bei uns angekommen. Um genügend Ruhe zu haben, sind der Fahrer Fred Lob und sein Reiter Myke Guten während der Nacht gefahren.

Tolatis verhielt sich recht ruhig und konnte hier bei uns schon gegen 9:00 Uhr seine ersten Schritten im Hof laufen.

Bei uns hier ist alles recht klein, gegenüber dem was Tolatis schon kennt und Myke hat ihm erstmals vorsichtig die Anlage gezeigt. Ich begleitete die Beiden zu unserer naheliegende Koppel, denn Tolatis soll lernen sich auf der Koppel  frei zu bewegen, ohne deren Grenzen in Frage zu stellen. Dabei erteilte ich Myke schon die erste reiterliche Lektion, die man verstehen sollte, bevor man auf einen Pferd steigt: die „main-fixe“, oft als „fixierte Hand“ übersetzt.

Was heißt das überhaupt?

Es bedeutet, dass der Führstrick beim Führen des Pferdes ohne Probleme und Widerstand durchhängen sollte….fast wie eine unnötige/unsichtbar gewordene Verbindung zwischen Mensch und Pferd.

Und, bevor dies so ist, soll die Spannung am Führstricke nur vom Pferd verursacht werden und auch dann, nur vom Pferd wieder losgelassen werden.

Die Hand des Menschen führt, aber die Härte dieser Führung entscheidet das Pferd selbst.

Und, glaubt mir, alle Pferde mögen lieber eine sanfte Führung! Die „main-fixe“ gibt dem Pferd eine gewisse Entscheidungsfreiheit zurück…und die Pferde lieben es so behandelt zu werden!

Wie vertraglich verpflichtet, war Myke von der ersten Stunde an kooperativ und hielt die Stricke ganz genau so, wie ich ihm empfahl.

Tolatis, immer noch lernfähig, lies relativ schnell alle mögliche Widerspenstigkeiten sein. Und nach einer Stunde, lies er sich sogar ganz angenehm führen: die Haltung seines Halses hatte an Stabilität gewonnen, damit fing Myke an lernwillig zu werden. Auch er ist ein hochsensibler Reiter und ihm wurde jetzt klar, dass die Körperhaltung seines Pferdes an der Hand, sich auch auf die Rittigkeit seines Pferdes übertragen wird.

Ich habe vor ihm grosse Achtung: Diese Situation ist nicht ohne. Er, ein überaus erfolgreicher Dressurreiter und ich, Ausbilderin eher in der Kontroverse… und er soll das tun, was ich ihm sage.

Würde man mich vertraglich zur Praxis der Rollkur zwingen wollen, so würde ich mich genauso seltsam fühlen. Aber, was ich anbiete ist, das Pferd zu befreien, allerdings mit dem Risiko, dass man danach weniger „Kontrolle“ über es besitzt. Die Rollkur ist dagegen – empfinde ich – koerzitiv.

Aber, dem Gros der Reiterei, gelingt die Leistung eines Pferdes nur mit Hilfe der 100%igen Kontrolle über dessen Körper und seine Psyche. Damit ist schon das Gefühl einer Minderung dieser Kontrolle so verunsichernd, wie sich unter dem Eiffelturm im August nachmittags nackt zu zeigen! Oder?

Ich frage mich sowieso: kann man durch 100%ige Kontrolle überhaupt einen echten Partner finden?

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Kapitel 2

Was bisher geschah…:

Der berühmte Tolatis ist bei uns angekommen. Sein Reiter, Myke Guten, hat ihn begleitet und bereits begonnen sich und das Pferd an der Hand „umzustimmen“.

Unsere 4 Mérens-Pferde sind zur Zeit ca einen Kilometer weit weg auf der Koppel.

Einer davon, der friedliche Meknes, ist aber wieder zu Hause, um Tolatis Gesellschaft zu leisten.

Die Mérens-Pferde sind, wie Tolatis, Rappen. Allerdings besitzen sie keine Abzeichen, bis auf einen Stern eventuell, aber die vier Socken von Tolatis wird hier wohl niemand bemerken. Die meisten Reiter in meiner Umgebung pfeifen regelrecht auf meine Ausbildung und die paar wenigen Anderen sind echte Schüler von mir und damit Freunde.

Also, ein Mérens mehr oder weniger…fällt in unserem Ort nicht auf und wir können ohne Sorge unser Reitprojekt fortsetzen.

Gleichartige Gesellschaft ist wichtig für die Psyche eines Pferdes. Aber wenn Pferde nur als Sportgeräte dienen, dann wird oft jegliche Zusammenkunft vermieden. Es ist bequemer und sicherer für die „Gerätebenutzer“ und deren Versicherungen. Aber hier erlauben wir uns das!

Natürlich müssen wir dafür die nötigen und progressiven Maßnahmen ergreifen, um diesen Kontakt zwischen Meknes und Tolatis vernünftig aufzubauen.

Fred, der Pfleger von Tolas -wie er ihn nennt- hilft dabei sehr gefühlvoll.

Nun gut, aber lassen wir wieder den reiterlichen Aspekt in den Vordergrund treten:

Ich weiß, dass Tolatis hier nicht sein restliches Leben verbringen wird, also muss die Revolution weiter geführt werden.

Wir werden jetzt erstmal Tolatis reiten und ich erzähle euch danach alles, sobald wir fertig sind.

So:

Ich habe Myke gebeten Tolatis zu satteln und zu trensen und ihn so zu reiten, wie er es üblicherweise getan hatte.

Was für Myke völlig neu war, war die „Grösse“ unserer „Reithalle“. Eigentlich nenne ich dieses Gebäude: mein Büro! Naja, mit 11 m x 15 m, ist das durchaus gerechtfertigt, denke ich!

Aber bis jetzt hat sich diese „Reitbüro“ als sehr hilfreich erwiesen, bevor man die größeren Flächen betritt. Mein Mann fährt dort sogar 2-spännig und kann problemlos 4-spännig Rein- und Rausfahren. Die Mérens-Pferde messen zwar weniger als 1,60 m Stockmass, aber es sind genauso Pferde…nur sind unsere Pferde alle gut biegsam.

Nun muss man wissen, dass Tolatis die Nacht gestern auf einem grossen Paddock verbracht hat. Ich denke, man sollte die reiterliche Lösungsphase für das Pferd an die restlichen 23 Stunden seines kompletten Tages anpassen.

Jetzt aber wieder zurück zu unserer Revolution:

Myke begann trotzdem Tolatis mit einem extrem raumgreifenden, langen, schnellen und -dadurch- passartigen Schritt zu reiten. Nach ein paar Minuten, frech wie ich bin, fragte ich ihn:

„Läuft Dein Pferd?“

Er schaute mich etwas unsicher und fragend an und trieb daraufhin Tolatis noch mehr an.

Wieder fragte ich:

„Ich habe nicht gefragt, ob Dein Pferd SCHNELL genug läuft oder ob es steht. Ich wollte nur wissen, ob es läuft?“

Lächeln antwortete er:

„Ja, es läuft.“

„Ok“, sagte ich, „ aber warum treibst Du denn immer wieder? Lass ihn doch bitte laufen, einfach so…ohne Schenkeleinwirkung.“

Myke tat es….und Tolatis, das erste Mal völlig auf sich allein gestellt, fing natürlich nach ein paar Tritten an langsamer zu werden, aber er lief immer noch und irgendwie fühlte er sich „höher“ an, teilte mir Myke mit.

Ich kann selbst nicht sagen dass er viel höher war, aber Myke gewann diesen Eindruck. Das Pferd muss, um sich optimal zu verlangsamen, seinen Hals stabilisieren und ihn nicht so extrem bei jeden Schritt dehnen lassen, damit wird der Rücken des Pferdes weniger flach. Es kann sein Becken besser nach vorne kippen lassen, was eine extreme Dehnung des Halses sehr stören würde. Ja, das lebendige Knochenmark ist eben kein Gummiband.

Die Sprunggelenke arbeiten besser und die Vorhand wird nicht mehr so belastet…das Pferd wird erhabener.

Nach ein paar Runden, ohne das Myke seinen Tolatis vorwärts getrieben hatte (immer hin!), fragte ich ihn, ob er jetzt traben könnte.

Jedoch bat ich ihn noch um etwas Geduld und schlug vor, dass er ein paar Bögen im Schritt reiten sollte. Dies versuchte er bereitwillig, aber überraschenderweise war es sehr schwierig für ihn.

Warum? Weil Myke gewohnt war (und eigentlich hatte er damit ja viel Erfolg gehabt) sein Pferd zwischen Händen und Schenkeleinwirkungen zu biegen.

Nun war aber Tolatis gerade eine Weile ohne Schenkelenwirkung gegangen und, sobald Myke seine Schenkel benutzte um Tolatis zu biegen, trabte er an. Sofort versuchte Myke das mit der Hand zu unterbinden und…Tolatis explodierte daraufhin wie eine Silvester-Rakete in den Händen ihres Entzünders!

Es war einfach…furchterregend!!! Der Schweiß lief mir plötzlich am Rücken entlang und durch seinen unbewussten Leichtsinn, fand ich, dass Myke in diesem Moment der mutigste Reiter der Welt war!

Ich schrie nur: „Halt dich fest, aber nur an EINEM Zügel! Und wechsle ab mit dem Anderen! BIIIITTTE!“

„Und atme tief aus!“ fiehl mir noch ein.

Tolatis, enttäuscht darüber, keine Anlehnung mehr für seine Kapriolen zu finden, beruhigte sich bald darauf.

Myke schaute mich mit gerötetem Gesicht an und sagte mit einem ruhigem Ton:

„Verstehst du jetzt, warum ich traben wollte?“

„Ja“, antwortete ich, „das verstand ich schon vor diesem Theater. Und du, verstehst du auch, warum du weiter im Schritt arbeiten solltest?“

„Nein, nicht wirklich,“ gab er zu.

„Nun gut,“ fuhr ich fort, „wenn das für dich ok ist, würde ich gerne selber sehen, ob Tolatis überhaupt in der Lage ist, sich im Schritt zu biegen. Darf ich ihn mal reiten?“

„Wenn du meinst, gerne.“

Ich war innerlich etwas unsicher, weil ich wusste, dass Tolatis eher eine Longenarbeit nach meine Art ( was ich J.C. Racinet verdanke) geholfen hätte, aber hier erschien es mir sinnvoller Myke von dieser Art der Reitausbildung zu überzeugen. Manchmal ist das wichtiger für die weiteren Folgen des Lernens, denn das Pferd wird es sowieso lernen, wenn man es lässt.

Die Menschen schulen sich um… .Die Pferde lernen…und lernen wieder. Das Gelernte wird immer da sein und ihr Körper entscheidet, was ihr Geist in die Mülltonne werfen soll.

Der Mensch hat dafür sein „Bauchgefühl“, leider hört er darauf nicht zu.

Auf alle Fälle wollte ich hier lieber versuchen Tolatis so zu übernehmen wie Myke ihn „hinterlassen“ hatte…eine Frage der Glaubwürdigkeit denke ich.

Ich ging schnell ins Haus um meinen Helm zu holen und ein paar anderen Schutzmaßnahme ergreifen. Als ich zurück kam, hatte Myke einige Schwierigkeiten einen Lachkrampf zu unterbinden: Ich sah aus wie ein American Footballer… es fehlte bloß das Gitter vor meinem Gesicht.

Im Gegenzug dazu, blieb Tolatis unerschütterlich.

Von einem Hocker aus (diese Dinge sind immer hilfsbereit), stieg ich in den Sattel. Myke hielt mir gegen, was mir noch mehr Sicherheit brachte.

Ich atmete tief durch und konzentrierte mich zu 250% auf Tolatis… .

Durch eine sanfte Andeutung meiner beiden Waden, lud ich Tolatis ein, im Schritt los zu laufen.

Ich musste schon sehr aufpassen, dass meine Beinen ihn nicht unbewusst berührten. In der Tat, die meisten Dressursättel auf dem aktuellen Markt sind alle eher ein Kerker für das Pferd und für den Popo des Reiters und seine Oberschenkeln. Mykes Sattel war da keine Ausnahme. Ich legte also meine Oberschenkeln etwas auf die Vorderpauschen, um diesen ständigen Kontakt mit dem Pferdebauch zu vermeiden.

Tolatis wusste jetzt nicht mehr, ob er weiter laufen sollte oder nicht. Ich lies ihn diese „Frage“ stellen, indem er anhielt. Als Antwort schickte ich ihn mit Wadeneinwirkungen sofort wieder in die Vorwärtsbewegung, das tat ich drei Mal und dies reichte um einen gewissen „Tempomat-Effekt“ zu erreichen.

Danach…kümmerte ich mich darum, seine Bewegungsrichtung zu steuern.

Ich begann auf der rechte Hand und brachte meinen rechten Zügel am Mähnenkamm zum Widerrist und -wie erwartet- Tolatis verließ die Bande nach rechts. Sofort ließ ich den rechten Zügel durchgleiten, bevor ich den Linken in Richtung Widerrist aufnahm. Und…Tolatis wendete wieder nach links an die Bande. Vorsichtig dosierte ich meine Einzelzügeleinwirkung so, dass Tolatis begann in Ruhe einen Handwechsel nur mit Hilfe eines Zügels zu gehen.

Der „eingestellte Tempomat“ hatte bis jetzt gereicht, aber plötzlich sprang eine unserer Katzen auf den Hocker am Rand des Hufschlags. Tolatis blieb ohne Aufforderung von mir stehen. Ich musste den Tempomat wieder einschalten: mit einer dosierten Einwirkung beider Waden, ohne dabei einen zusätzlichen Kontakt mit meinen Hände zu halten….Tolatis führte unsere Übung weiter fort.

Meinen Sitz war dabei ruhig, aber noch nicht so, wie ich es gerne haben wollte (Sitz der Alten Meister). Wie auch? In diesem Sattel-Kerker?! Ich achtete nur darauf, dass mein Gewicht und mein Blick in der Biegungsrichtung blieben.

Nach eine halben Stunde schaffte ich es ein paar Handwechseln aus dem Zirkel zu reiten, was in dieser Halle für Tolatis nicht möglich gewesen wäre, ohne sich dabei zu biegen.

Ich empfand damit die heutige Lektion als gelungen…zumindest für das Pferd. Ich hielt Tolatis an, stieg ab und lobte ihn ruhig und herzlich. Er drückte so eine Art Erleichterung aus.

Fred, der die ganze Zeit zugeschaut hatte, freute sich irgendwie.

Aber Myke war in diesem Moment ein bisschen enttäuscht und fragte:

„War es das schon für heute?“

„Ja“, antwortete ich, „Tolatis soll die restliche Zeit des Tages nutzen können, um zu entscheiden was in seinem Lernprozess Müll ist und was nicht. Das gehört auch zum Training, aber der Leistungsdruck, den die Pferde ertragen müssen, lässt uns das leider vergessen.“

Meknes wieherte Tolatis schon entgegen und die Sonne begleitete die Beiden in den Abend hinein.

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Kapitel 3

Was bisher geschah

Der berühmte Hengst Tolatis ist bei uns angekommen, wo ihm ein neues Reitpferdeleben und seinem Reiter Myke neue Trainingsmaßnahmen gezeigt werden sollen…einen anderen sportlichen aber gerechten Weg.

Nach einer explosiven Reaktion von Tolatis in unserer kleinen Reithalle, hat Myke es trotzdem geschafft im Schritt seine Hilfengebungen (Hände und Schenkeleinwirkung) zu minimieren, zu trennen und zu optimieren.

Heute früh genoss ich draußen ein paar, von der Wetterstation „ungeplanten“, Sonnenstrahlen. Mein Blick hatte sich gerade bei unseren fünf Tomatenpflanzen verloren. Ich dachte nach und fragte mich, warum dieses Jahr viele von unseren Tomaten und aus meinem Bekanntenkreis, grün geblieben sind. Will uns die Natur damit etwas mitteilen?

Plötzlich rief Myke: „Pascale! Kommst du mal bitte!?“ Er übte gerade in der Halle mit Tolatis.

Ich finde es wichtig für ihn eine Zeit der Probe alleine zu gestalten, wo ich nicht dabei bin. Es motiviert den Lernenden zu mehr Selbstvertrauen.

Ich ging quer durch den Hof und traf Myke und Tolatis in der Reithalle. Tolatis trabte entspannt, nicht zu schnell und das alles nur mit der Einwirkung eines Zügels.

Wir waren zwar noch weit vom reiterlichen Ziel entfernt, aber ich freute mich, dass Myke sich auf so etwas eingelassen hatte. Für mich war damit klar: er ist jetzt vollkommen in der Lage die alte Gewohnheiten loszulassen um besser  forschen zu können. Damit hat er sich sogar, ohne es zu ahnen, Zugang zur Welt des Baucherismus geschaffen…!

Mensch!“ bewunderte ich ihn, „ihr seid Beide einen ganz schönen Schritt weitergekommen! Tolatis geht vorwärts-abwärts und dadurch ziemlich auf der Vorhand. Es scheint ihm aber so zu gefallen.“

Ja, und das ist jetzt das Problem“, beschwerte sich Myke, „Ich müsste ihn normalerweise viel mehr ran nehmen, um ihn wieder im Gleichgewicht zu haben. Aber ich denke das soll ich wahrscheinlich gerade nicht mehr tun, oder?“

Ja, das ist wahr Myke. Atme tief aus und halte bitte an. Wir müssen reden“, lächelte ich ihn an.

Myke atmete lässig aus und hielt Tolatis damit an.

Um die Natur im Allgemeinen oder die eines Wesens zu beobachten, müssen wir ihr genauer auf den Grund gehen…sie unter die Lupe nehmen. Ich bat also Myke abzusitzen um näher fühlen zu können, was die Natur von Tolatis hier beeinflussen kann.

Ich nahm die Zügeln und bat Myke, den hinteren Schulterblattrand von Tolatis anzufassen. Tolatis stand dabei mit dem Hals über der Horizontalen. Myke musste seine Hand sehr unter den Sattel drücken um es überhaupt zu schaffen. Dann, durch eine Zügeleinwirkung nach oben, lud ich Tolatis ein seinen Kopf nach unten zu senken.

Und? Wie ist es jetzt? Immer noch so schwierig?“

Nein“, stellte Myke fest, „es ist viel einfacher.“

Also“, argumentierte ich, „verstehst du jetzt, warum Tolatis es so mag? Und die Tiefe mit seinem Hals sucht?“

Jetzt schnallte ich an der Trense den Sperriemen weg und lockerte den Nasenriemen. Ich griff diesen, um damit den Pferdekopf in eine solche Aufrichtung zu bringen, in der das Genick von Tolatis der höchste Punkt war.

Und da? Wie ist es da?“, erkundigte ich mich.

Oh! Da geht es jetzt gar nicht mehr!“, bemerkte Myke.

Und in diesem Moment war für den jungen Mann klar geworden, was ihm die Natur seines Pferdes mitteilte: „So gesattelt, kann ich ohne Zwang nicht in Aufrichtung gehen“.

Und das ist der Grund für das Verhalten, auf der Vorhand gehen zu wollen bzw zu müssen.

Man kann so etwas bekämpfen, indem man versucht die Hinterhandbewegung noch raumgreifender zu erarbeiten…so kann das Pferd wieder eine Art Balance haben.

Ernsthaft erklärte ich weiter: „Ich denke, genau DAS hast du (und viele Andere) bis jetzt getan. Aber durch diese raumgreifenden Gänge treibst Du das Pferd eskalierender Weise noch mehr auf die Vorhand und bist dem Rat gefolgt, dass Pferd dazu zu zwingen seinen Hals zu überrollen. Und, so körperlich komprimiert, zwischen einer Hinterhand, die nach vorne drückt und einem Genick, das nach hinten zeigt, kann das Pferd tatsächlich seinen Widerrist auch unter diesen Umstände anheben…was hier zwar mechanische, aber sehr spektakuläre Gänge zu erzeugen hilft. Um eine bestimmte Trainingsart zu bestätigen, ist das mal keine schlechte Idee…so lange das Pferd so etwas Gefährliches für seine Gesundheit ertragen kann. Aber muss das sein? Wie wäre es, wenn man den Grund, warum ein Reitpferd auf der Vorhand laufen möchte, im Voraus lösen könnte?“

Myke schaute mich immer misstrauischer an.

Wenn das möglich wäre, würde man in der reiterliche Sphäre, in welcher ich mich seit langer Zeit befinde, es schon wissen!“

Myke, es sind da andere Spiele am Werk als nur „Wissen“, sagte ich mit einem flüsternden aber entschlossenen Ton, „es gibt eine ganze Industrie, die von diesem angeblichen Wissen oder eher Unwissen lebt. Sogar die Leute, die deine Handlung mit Tolatis, in allen möglichen Reitforen hart kritisieren, praktizieren manchmal eine ähnliche Reiterei wie Du. Nur, diese Leute haben Deinen Leistungsdruck oft nicht, deswegen tun sie es etwas „netter“. Sie dienen aber wie du dem gleichen Markt.“

Gut!“, unterbricht er mich, „machen wir weiter. Zeigst du mir bitte, wie Du die Vorhand von Tolatis im Voraus befreien kannst?“

Oh! Im Voraus!?“, sagte ich, „ so etwas hätte jetzt sicherlich Konfuzius sagen können: Die Frage brütet fast immer die Antwort aus. Chapeau Myke! Chapeau! Sattele jetzt bitte Tolatis ab“, bat ich schmunzeln, „und ich hole meinen Sattel.“


Kapitel4

Der berühmte Hengst Tolatis ist bei uns angekommen, wo ihm ein neues Reitpferdeleben und seinem Reiter Myke eine neue Trainingsmaßnahmen und damit einen anderen sportlichen aber gerechten Weg gezeigt werden sollen.

Tolatis lässt sich mittlerweile auch langsam im Trab arbeiten.. Eingeschränkt in seiner Bewegung durch seinen üblichen Sattel, scheint kein weiterer Fortschritt möglich zu sein, bevor nicht dieses Problem gelöst wird.

Myke ist noch skeptisch… .

„Was ist denn das?“, fragte Myke verwundert, „ich will doch nicht auf die Rennbahn!“

„Ach so?!“, bemerkte ich verwundert, während ich ihm meinen Sattel überreichte.

„Wenn man aber bedenkt wieviel und wie oft Du das Untertreten der Hinterhand auf 20m x 60m verlangst, dann frage ich mich, ob ein Dressurreiter nicht besser auf der Rennbahn aufgehoben wäre?“, fragte ich schmunzelnd.

„Wer ist denn der Hersteller dieses „Schmuckstücks?““, fragte Myke spöttisch.

„Das ist hier irrelevant Myke. Viel wichtiger ist zu sehen, wie dieser Sattel auf Tolatis wirkt…oder nicht wirkt!“, erwiderte ich.

Ruhig an der Hand wartete Tolatis neben uns, dabei entwischte sein Blick meiner Aufmerksamkeit nicht: es war eine Mischung zwischen Unsicherheit und Neugier. Mit diesen beiden Komponenten, war ich schon davon überzeugt: Tolatis ist noch in der Lage zu vergeben…!

Mein Sattel ist flach, dadurch kann er weit genug nach hinten gelegt werden. Zusätzlich besitzt er noch ein paar Komponenten, die eine komplette Widerrist- und Schulterfreiheit des Pferdes ermöglichen. Die Sattelblätter sind so dünn, dass man ihn als „full-contact-Sattel“ bezeichnen kann. Und er hat den großen Vorteil, dass er auf sehr viele Pferderücken passt, wenn man sich die Mühe gibt seine bisherige Reitweise zu überdenken und, wenn man seinen bisherigen Reitersitz – mit diesem Sattel – neu erarbeiten kann. Ansonsten, wenn eine dieser beiden Voraussetzung nicht erfüllt werden kann, Finger davon!

Ich legte vorsichtig diesen Sattel auf Tolatis Rücken, durch das praktische V-Gurtsystem, konnte ich peu à peu nachgurten, soweit, bis der Sattel zum ersten Anführen im Schritt korrekt saß.

Ich wollte damit überprüfen, ob Tolatis dieser neue „Bikini“ zu einer verspannten Bewegungsart veranlasste.

Totalis ging die erste Runde in der Halle gelassen.

Daraufhin bat ich Myke, die Schulterfreiheit zu überprüfen: er war sehr verblüfft, wie er den kompletten Umfang jedes Schulterblattes tasten konnte. Zusätzlich zog ich Tolatis‘ Vorderbein nach vorne, so dass sich das Schulterblatt extrem nach hinten bewegte und auch hier blieb es vom Sattel unberührt.

Ich gurtete vorsichtig nach, um aufsteigen zu können. Vorher führte ich aber Tolatis noch eine zweite Runde im Schritt. Sicher ist sicher…!

Myke hatte sich mittlerweile mit der Tatsache abgefunden, dass eine Trainingseinheit unter meiner Obhut, nicht mit einer halben Stunde „hyperaktivem Trab“ anfängt. Also, er beobachtete mich höflich und hilfsbereit.

„Ich denke, es ist alles in Ordnung Myke, wenn es Dir nichts ausmacht, dann werde ich Tolatis zuerst reiten“, kündigte ich an.

„Ja, ja! Machen wir so. Ich bin sehr gespannt“, sagte er.

„Ich auch“ ,rief ich aus, „aber vorher noch etwas: wir müssen von ihm ein paar „Kiefer-Flexionen“ (K.F.) verlangen.“

Myke war wissbegierig und fragte, warum diese „Flexionen“ und die Nachgiebigkeit der Unterkiefergelenke hier so wichtig sein sollten.

Tolatis war mit einer Trense gezäumt und während ich die Zügeln vorsichtig „einsammelte“ (eher als aufnehmen), erklärte ich:

„Die Reitkunst ist eine Einigung. Vor jede Einigung gibt es ein Vorspiel. Die Kiefer-Flexionen verlangen und geben IST das Vorspiel der Reitkunst. Man kann auch versuchen sein Pferd auf die Lippen zu küssen, aber ich denke…es ist nicht wirklich artgerecht.“

Dann fing ich an, den linken Zügel in Richtung Widerrist peu à peu anzuspannen und, da die Zügel, die ich Myke gegeben hatte glatt waren, konnte ich zugleich den Rechten aus meinen Finger gleiten lassen.

Ich wartete ab, bis die muskuläre Spannkraft des Unterkiefers von Tolatis nachließ. Mit anderen Worten, bis er seine Zähne nicht mehr aufeinander biss. Das tat er nach ein paar Sekunden. Da meine Hand „fixiert“ war, löste sich auch in diesem Moment die Zügelspannung, vom Pferd also.

In dem gleichen Augenblick sahen wir etwas, was nicht immer so deutlich der Fall ist: ein sehr kurzes Zucken der ganzen Wirbelsäule von Tolatis. Sein Blick entspannte sich und er richtete sich etwa auf. Ich tat die gleiche Prozedur mit dem rechten Zügel, dann überließ ich es Myke, diese besondere Nachgiebigkeit selbst zu suchen.

Es gelang ihm recht schnell und er verstand, dass er niemals die Zügel nachspannen durfte, wenn Tolatis nachgegeben hatte. Myke musste lernen den Abbruch dieser irrsinnigen Anlehnung zu dulden und das später sogar zu genießen.

Bei dieser Übung, muss man auch einen gewissen Kontakt suchen, aber es ist eigentlich nur eine an das Pferd gestellte Frage gemeint: „Würdest Du bitte loslassen?“

Ich denke, nur diese „Losgelassenheit“ macht Sinn hier, weil sie zu einer kompletten Entspannung führt, körperlich sowie seelisch zu gleich und damit auch zur Leistungsbereitschaft. Da wird „nur“ ein Umdenken des Reiter verlangt. Ja, nur!

Ich stieg erneut auf Tolatis und verlangte im Stand, dass er seinen Hals rechts und links bog, nur mit der Wirkung eines Zügels und einer Reihe von einseitigen Kiefer-Flexionen. Tolatis sollte dabei seinen restlichen Körpers nicht mitbewegen. Links war es möglich, aber rechts nicht.

Wie viele andere Reitpferde mit unterschiedlichem Niveau auch, so war dieses wunderschönes Grand-Prix-Sieger-Pferd nicht in der Lage seinen Hals nach rechts zu biegen, ohne dabei seine Balance im Halten zu verlieren. Als Ausgleich musste er sein rechtes Vorderbein nach außen verschieben, und ich war da noch keinen Schritt geritten! Was würde da im Galopp bei einer Rechtsvolte passieren?!

Kein Wunder, dass die übliche Reiterei viele Zusatz-Hilfen benötigt um ein Pferd biegen zu können: äußere Zügel für dies, inneres Bein für das, äußeres Bein für was anderes… .und mit dem inneren Zügel gehen wir mal eben mit dem Pferd Gassi. Oder?

Oder aber wir entscheiden uns für einen anderen Weg und dabei sollte „Leichtheit“ kein leeres Wort bleiben.

Ich bemühte mich also von Tolatis, cm für cm, eine immer größer werdende Rechtsbiegung seines Halses zu verlangen. Dabei war die „Grenze“ jeweils der Ansatz sein rechtes Vorderbein wieder bewegen zu wollen. An diesem Punkt forderte ich erneut eine K.F. und vergrößerte diese Biegung nochmal. Ich tat es, bis Tolatis es schaffte seinen Hals komplett von einer Seite zu der Andere zu biegen, ohne dabei seine Balance zu verlieren.

Man muss da geduldig bleiben, denn es kann eine Weile dauern.

Und dann führte ich diese Gymnastik im Schritt fort:

Ganze Bahn:

-Rechte Hand in Kontrastellung

-Linke Hand in Kontrastellung

Dann:

-Rechte Hand in Kontrastellung, den Hufschlag verlassen, bis man –ohne die Biegung zu verändern- bei X aus dem Zirkel wechselt, also linke Hand und links gebogen,

Danach:

-Linke Hand in Kontrastellung, den Hufschlag verlassen -ohne die Biegung zu verändern-, bis man bei X aus dem Zirkel wechselt: rechte Hand und rechts gebogen.

Diese Übung wirkt Wunder, um das Pferd -sanft und relativ schnell- wieder auszubalancieren.

Ab diesem Moment, wo Tolatis ein paar Handwechseln in dieser Art und Weise geschafft hatte, ohne das die Bewegungen seines Halses seinen Gang beeinträchtigten, wusste ich: ich durfte die gleiche Herausforderung im Trab verlangen.

Und…es war einfach…toll !!!

Unser lieber „Dynamitball“ ging fließend im Trab. In dieser so kleinen Halle bog er sich leicht und erhaben, in allen verlangten Wendungen. Man hörte ihn nicht mehr auffussen. Es war plötzlich etwas Unrealistisches in der Luft, als ob der ganze Raum mit uns Dreien in eine andere Dimension des Da-sein eintritt.

Myke blieb der Mund offenstehen und er konnte nur flüsterte:“ Ich spinne…“.

Ich hatte, wie gewünscht, nur das Gewicht der Zügel in den Händen und ich vermied alles um den Trab in einem größeren Tempo zu reiten. Dieser Moment war so intensiv, dass das Potenzial seiner Wohltätigkeit zwischen flüchtig und ewig lag.

Im Vergleich mit einer berühmten Fernsehsendung hätte man hier sagen können:“ Eine einzige falsche Antwort, und die Million ist weg!“

Die Entscheidung lag bei mir: ich beschloss die Lektion als gegeben zu erklären. Ich bat Tolatis anzuhalten (was viele „durchparieren“ nennen) und stieg sofort ab. Er wirkte wie ein zufriedener Yogi-Meister und es macht mich heute noch einfach glücklich.

Myke sah irgendwie so fertig aus, dass ich ihm vorschlug: „Willst Du einen Kaffee?“

„Nein danke“, flüsterte er (immer noch), „ich trinke nur Tee.“

„Ah!“ erwiderte ich, „da habe ich das richtige für Dich: er heißt „Legere“. Also, wie wär’s mit einem „Legere-Tee?“

Myke schmunzelte. Und dann, egal ob es kitschig klingt, dann tat er etwas, was ich nie so früh erwartet hätte: er umarmte den Hals seines Pferdes.

Kapitel 5

Der berühmte Hengst Tolatis ist bei uns angekommen, wo ihm ein neues Reitpferdeleben und seinem Reiter Myke eine neue Trainingsmaßnahmen und damit einen anderen sportlichen aber gerechten Weg gezeigt werden sollen.

Ich saß am Schreibtisch und träumte. Ich war verzweifelt und bin es immer noch: der Besitzer von Tolatis, Aloys Stahlbein, hat angerufen und er möchte dass Tolatis vor Weihnachten mindestens ein mal im Turnier startet.

Natürlich darf er dieser Wunsch äußern. Ich darf aber die Schlussentscheidung treffen. Das ist auch vertraglich geregelt..

Trotzdem mache ich mir hier Sorge weil, Aloys Stahlbein war bis jetzt sehr verschwiegen und ist auch damit nicht in der Lage zu beurteilen zu können die aktuelle Rittigkeits’Tolatis. Und Aloys Stahlbein hat dazu seine Problem mit abwarten. Hiermit hat er mich auch empfohlen, ein neues Reitzubehör zu probieren: so ein Gerät was man unten den Kien des Pferdes bindet um ein „intelligentes Kontrolle“ über das Pferd zu haben.

Entsetzt und sprachlos zu Gleich, ich könnte hier nur denken:“ wie arm ist die Reitkultur diesen reichen Profis…?!“

Aber, ich musste auch unbedingt nicht vergessen dass, der gleicher Aloys Stahlbein, dieser außergewöhnlicher Ausbildungsvertrag mit unterschreiben hatte. Es hieß also, die kleine Flamme seine Änderungswille nicht mit eine heftige Reaktion meiner Seite definitiv auspusten! Ich bin ihm hiermit entgegengekommen und habe ihm eingeladen baldmöglichst vorbei zu kommen und, auch dass er mir irgendwann mehr Information über das Gerät sendet.

Ja, Légèreté ist konsequent weil rücksichtsvoll. In jedem Bereich.

Ich ging dann raus und, wie ein Engel es wollte, diese Septemberwoche war so sonnig gewesen dass, die Luft sorgte wieder für gute Laune.

Myke hat schon viel verarbeitet was die Trennung der Hilfgebungen betrifft. Er war damit gut im Schritt und Trab unterwegs. Das reichte lange noch nicht für eine öffentliche Vorstellung weil das alles findet noch ohne perfekte Haltung des Pferdes statt: Genick als höchsten Punkt, Entspannt und gebeugt.

Während seine bisherige Karriere, war Tolatis mit die Stelle der 3. oder 4. Halswirbel als höchsten Punkt seines Körpers gelaufen. So was hilft nicht um im Leichtheit rittig zu sein.

Nur das Atlanta-Occipital-Gelenk als Gipfel, erlaubt unten günstige Konditionen, die Muskelkettenreaktion der Versammlung zu fördern.

Diese günstige Konditionen immer mehr mühelos zu finden: das nennt man Kunst. Und Myke ist hier um sie zu lernen. Alles anderes weißt er schon bereit und da werde ich ihm nie das Wasser reichen können.

Der Wind kam aus dem Osten und war ziemlich eisig aber, ich wusste dass ich Myke auf unseren Wiesenplatz treffen würde. Und, wie es der Teufel wollte, Myke war gerade in Schwierigkeiten mit Tolatis geraten.

Der Hengst bewegte sich heftig in allen Richtungen des Platzes, bei Galoppsprünge mit einen enormen Druck gegen die Hand seines Reiters.

Da kam mir sofort meinen Telefonat mit Aloys Stahlbein in Errinerung wieder. Tja, wieviel Profireiter wurden da an dieses „Pferd-Kontrolle-Ding“ zurückgreifen wollen?

Die Ausbildung eines Pferdes – und mehr noch bei diesem Niveau – muss nicht unbedingt schnell sein, wie viele Sportreiterei-Kritiker behaupten. Nein. Was schnell dabei sein soll ist der Verstand des Reiters, also muss lieber der Ausbildungsweg simpel bleiben.

In der Tat, Pferde haben eine weibliche Eigenschaft: ursprünglich tun sie alles um uns einen Gefallen tun. Wir müssen verstehen dass es beim Reiten nicht nur um was man verlangt geht sondern eher um wie man es verlangt.

Und wenn hier einen Reiter von ein bewegungsfreudiges Pferd verlangt, zwischen gemeinsamen Einwirkung von Hand und Schenkeln, dass es an-galoppiert, es wird es tun aber nicht im Légèreté.

Und da gibt es zwei Lösungen: entweder der Equipment des Reiters (Hilfzügel etc…) wird dagegen eingesetzt um das „Problem“ rasch zu beseitigen und das Pferd bändigen, oder der Reiter lernt endlich WIE er einen Galopp in Leichtheit vorbereiten und verlangen soll.

Dieser Weg ist zur Zeit der längste, weil er einem Umdenken fordert.

Was Myke also jetzt erlebt habe mit Tolatis ist völlig normal: seine Trainingsart hat sich im Schritt und Trab dermaßen positiv geändert. Es war also vorhersehbar dass er wurde bald das alles im Galopp probieren wollen. Da prallte aber schon wieder seine alte und seine neue Erfahrung einander.

Besorgt seinen neuen Weg eher zu unterstützen, verschwieg ich ihm zu erst das Telefonat mit stahlbein.

Ich ging zwei, drei Schritte Richtung Mitte der Reitplatz und fing einfach an, meinen Unterricht für Myke fort zu setzen:

_“Hey Myke! Atme tief aus, geh wieder im Schritt und komm bitte zu mir!“ rief ich.

Und Tolatis und seinen Reiter standen bald an meine Seite.

_“Ohye! sagte Myke, was soll das denn jetzt werden…?!“ zweifle er an.

_“Ich dachte, die Arbeit im Galopp ist noch nicht aktuel für euch beide aber, es geht hier um DICH mit diesem Pferd, im hier und jetzt. Und, wenn Du schon galoppieren möchtest, dann sollten wir dies einfach wahr nehmen“, kündigte ich.

Und ich erklärte hier dass es verschiedene Faktoren sind, die Tolatis in Galopp gerade zum ausrasten brachten:

1- Tolatis kennt jetzt die Leichtheit im Schritt und Trab und war überrascht dass Myke sie nicht mehr im Galopp möchtet.

Klar muss es auch hier sein dass, wenn er wieder im Schritt oder Trab wie früher geritten wäre, er hätte einen enormen Risiko auf sich genommen: deren das Pferd zu enttäuschen, was traumatisierende Konsequenz für beide hätte sein können.

2- Eine fehlende Vorbereitung lässt oft die Pferde auf die Schulter an-galoppieren, auch wenn so was bei seinem Niveau nicht sehr sichtbar ist. Da geraten diese Pferde in so eine Art Panik, bei welche sie scheinen das Gefühl zu haben, ihren Reiter nicht mehr problemlos und im Balance zu tragen zu können. Infolgedessen, nutzen sie die Geschwindigkeit als „Schaffenskraft“ und, sobald der Reiter sie hier bremsen möchte, drehen sie mehr oder weniger durch.

Diese Tatsache kann sogar einen Pferd regelrecht gegen die fliegende Wechsel ekelt, auch wenn es sie technik- gut beherrscht.

Um diese Vorbereitung zu lernen, bat ich Myke folgende Übung zu machen:

Er sollte Tolatis anhalten und dann, seinen Hals ein bisschen nach rechts biegen. Hiermit sollte er weiter, und nur mit Hilfe der rechte Zügel, die Vorhand (VH) des Pferdes nach links bringen, ohne dabei dass die Hinterhand (HH) nach rechts weicht.

So sollte es laufen:

-Das Pferd biegt seinen Hals leicht nach rechts.

-Durch einen leichten Streicheln der rechte Zügel an die Seite des Halses, weicht das Pferd mit seinen VH einen Schritt nach einander nach links.

-Die Hinterbeinen des Pferdes dürfen sich bewegen aber nur auf der Stelle und dabei sogar überkreuzen, also hier: das rechtes Hinterbein vor das Linkes.

-Das gesamtes Bild lässt an eine echte Schulterherrein denken, auf 4 Hufschläge (!) und auf der Stelle.

Diese Übung ist nur der Anfang von eine Serie, welche erlaubt das Pferd, sich in der Ruhe besser auf die HH zu „sitzen“. Damit, denke ich, wird ihm relativ schnell eine neue biomechanisches Gefühl vermittelt: nämlich dass es dadurch fähig ist, mit seinen Reiter anzugaloppieren ohne jegliche Gleichgewichtsverlust. Die Wirkung ist oft so rasch, dass ich mehrmals gesehen habe, panikartigen üblichen „Losschiessern“ sich sofort mit den gerittenen Galopp versöhnen zu können.

Ja, schön und viel versprechend was ich da erzähle. Aber, es ist das „Was“ von der Sache. Das kann einen erfahrenen Reiter wie Myke wohl verstehen. Nun kommt es hier auch wieder auf das „Wie“ an:

Dieser Übung hat auch eine Einweihungsphase, für den Reiter auf alle Fälle, und für das Pferd, wenn seinen Körper mit noch ungelöste Verspannung sich bewegen muss.

Hier habe ich auch was ganz interessantes (und nicht selten) fest gestellt: diese Verspannungen können sich, durch die Übung die sie zuerst hindern, gut lösen! Der Weg ist schon wieder das Ziel.

Myke versuchte also die Übung zu reiten. Er kam dabei nicht weit vorran: Durch diese teuflische Galoppade, war Tolatis nicht mehr im Légèreté.

Die rechte Zügel war, mit wenig Einsatz – wie es sein sollte – nicht wirksam und, mit eine Leistung die das Touchieren überschreitet, kam sofort die Kruppe von Tolatis nach rechts.

Ich empfiehl Myke zu erst die Nachgiebigkeit der Unterkieffergelenks’Tolatis zu prüffen. Das passte in der Moment dazu sehr gut weil, der Nachbarn hatte gerade seine Sachse auf seinem Koppel frei gelassen. So was veranlasste Tolatis seinen Kopf sehr hoch zu tragen. Folgend, bat ich Myke seine beide Zügel etwas zu spannen, bis Tolatis sie selbst in dieser Haltung entspannte: allein durch die Nachgiebigkeit seine Unterkieffer.

Das tat Myke und, weil seine Hände festgestellt waren, gab auch das Genick von Tolatis nach. Ich empfiehl ihm dann folgendes:

– mehr zu wiegen auf seinen rechten Oberschenkel und etwas nach vorne,

– sein Blick Richtung rechtes Buggellenk zu richten,

– und minimal mit seine rechte Zügel den rechten Teil des Halses seines Pferdes an zu stupsen.

Und siehe da! Tolatis verlagerte schon sein Gewicht nach links und fing an danach sein rechtes Vorderbein über sein Linkes zu kreuzen. Dann weichte das linkes Vorderbein nach links ab, dann das rechte Hinterbein überkreuzte nach links und, das linkes Hinterbein weichte selbst, ganz nah links von das rechtes Hinterbein.

(Folgt ihr noch?!…)

Ein komplettes seitigem Schritt um die HH, und nur mit Wirkung einer Biegungszügel, war damit geleistet.

Dabei war ich froh zu sehen dass Myke genug „feeling“ gehabt hatte um seine Hilfe sofort zu absetzen. Und trotzdem wiederholte Tolatis weiter diesen Bewegungsvorgang noch ein mal allein. Da lobte ihm sofort seiner Reiter und lass ihm zwei Minuten in Ruhe und Zügel lang stehen.

Dann übte nochmal Myke von rechts nach links. Und, weil es jetzt ihm gut gelingt, versuchte er von links nach rechts.

Damit gewannt er immer mehr und immer leichter, eine sichere Kontrolle über die Schulter seinen Rappen.

Auch, hatte er jetzt ein viel effizienter Einfluss auf die Stabilität der HH erreicht. Und der Hengst selbst gewann damit an Versammlung und Tragfähigkeit. Man könnte sogar Tolatis es ansehen: er wurde souveräner weil selbstsicher.

Zum Schluss lies ich Myke testen: „Okay, jetzt lass den nochmal nach links um seine HH so drehen! Und, ohne deine eigene Haltung da zu ändern, verlangst du mit dein inneres Bein (also das Rechtes) am Gurtlage – sobald den linken Vorderhuf auffuß – etwas mehr Aktivität! Und da, lässt du Tolatis in die Biegungsrichtung gehen…, also rechts!“

Myke tat dies aufs Wort…und Tolatis ging in einen sehr schwungvollen und leichten Galopp zu Gleich.

Der Vormittag war vorbei und wir wollten jetzt alle eine Pause genießen. Ich hatte selbst nicht viel Hunger und ich entschiede mich eher für ein Schläfchen. Ich lies damit Myke und Fred, Tolatis und Meknes zu versorgen und die beide wieder auf den großen Koppel schaffen.

Ich war noch nicht richtig eingeschlafen, da hörte ich plötzlich einen Auto im Hof kommen.

Ein Tick knurrig, stand ich aus dem Sofa wieder auf und schaute im Hof, am Fenster.

Meinen Herz blieb stehen: Aloys Stahlbein war da!

Und, ohne weiter zu suchen, ging er sofort zu Myke und Tolatis die noch auf den Reitplatz standen. An eine Schulter hängen, hatte er eine Trense mit „Schwedischen Nasenriemen“ mit Sperriemen. Er gab diese an Myke und zog dazu ein kleines dunkles Gerät aus seiner Jackentasche.

Ich glaube, ich fing an blass zu werden und meine Zunge fühlte sich so schwer an, dass ich kein Wort mehr sagen könnte. Ich wollte raus, aber ich war wie gelähmt…ich schaute bloß nur weiter zu:

Stahlbein hatte mittlerweile die Trense von Totalis gewechselt und Myke stand dabei machtlos und wie einen Roboter, war nur da beschäftigt der Hengst auf der Stelle zu halten. In der Tat, Tolatis fing plötzlich an zu steigen zu wollen. Sein Besitzer probte jetzt die Wirkung dieses Reitgerät – sicherlich was er mich am Telefon beschrieben hatte – und provozierte regelrecht heftige Reaktion des Hengstes um den, mit einen oder zwei ruckartigen Zügelspannungen nicht geschmeidig zu machen, sondern unterwürfig!!!

Aus meine Fenster war ich vielleicht weit von das Geschehen aber nicht genug um das Weiß in die furchterregte Auge von Tolatis zu übersehen… .

Mir lief jetzt der Schweiß über den Rücken und plötzlich, klang das Telefon. Eine Stimme hinter mir rief laut: „PASCALE!!!!! Karl May ist am Telefon!“

…Ach du Schreck! Das war aber ein Albtraum!

Fortsetzung folgt

Die Pause war aber auch zu Ende. Ich stand dieses mal wirklich auf und, vorsichtshalber, schaute am Fenster: unsere zwei Rappen spielte gerade „ich bin dein Spiegelbild“ in Mitte der noch grüne Koppel.

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