neue DVD der Bückerburger Hofreitschule

Mit viel Freude habe ich mir den Trailer der neuen DVD der Bückerburger Hofreitschule angesehen. Zeigte dieser doch bereits sehr schöne Bilder längst vergessener Lektionen, Reitkunst auf hohem Niveau – in Leichtigkeit ohne Zwang, stolze Hengste in edlem und passenden Ambiente.

Willkommene Kontraste zu den sonst üblichen Bildern des Sportgeschehens, fern von Diskussionen über LDR, Rollkur etc.

Die kurzen 2,5 Minuten machten Interesse das komplette Werk zu sehen, zumal mein letzter Besuch vor Ort nun schon mehr als ein Jahr zurück liegt.
Neugier war also geweckt und eine DVDs übers Reiten zum Preis von 19,90 Euro ist dazu verglichen mit anderen Werken für den Bildschirm ja geradezu ein „Schnäppchen“.

Der Versand erfolgte dann umgehend und so hatte ich 1,5 Tage später die DVD im Briefkasten – die Bückeburger Schulreiter durften also meinen Abend gestalten.

Der Film startet mit einer Einleitung durch Christin Krischke, die auch den restlichen Kommentarteil der DVD übernimmt. Das freute mich sehr, versteht sie es doch auf eine ganz besondere Weise den Zuschauer mit ihrem erzählerischen Sprachstil, abzuholen und mitzunehmen auf eine Reise in eine andere Welt. Eine Art und Weise, welche ich bereits vor Ort in Bückeburg immer genossen haben und welche das Bild so abgerundet hat. Besucher der Hofreitschule werden dies sicherlich ebenfalls nachvollziehen können.
Im Einleitungsteil wird auch noch einmal darauf hingewiesen, was die Reitkunst vom Sport unterscheidet – sie ist nicht messbar! Sie lässt sich nicht bewerten und wird nicht verglichen.
Dies macht deutlich, dass der Weg des Reitkünstlers nicht der eines Gewinners oder Verlierers ist – es wird nicht nach Tricks gesucht und Zeit spielt keine Rolle – im Gegenteil: Pferd und Reiter können den Weg der Kunst sehr lange beschreiten und die Pferde werden dabei gesund erhalten und können bis ins hohe Alter auf höchstem Niveau Lektionen mit Stolz und Anmut präsentieren.
Nach dem Einleitungsteil geht es über zu den Gewandungen der Hofbereiter. Erklärt wird neben der Kleidung für die Herren, auch die Kleidung für die Dame, im Damensitz, so wie im Herrensitz.

Danach begiebt man sich mit den Hofbereitern auf eine Reise durch die verschiedenen Lektionen der Reitkunst:
Wir sehen Lektionen, die den meisten nur aus Kupferstichen bekannt sein dürften: Pesade, Levade, aber auch Piaffen und Passage
Urplötzlich werden Kupferstiche lebendig und man erfährt nicht nur Namen der Lektionen, sondern auch ihren Sinn in der Anwendung.
Erklärt werden die einzelnen Seitengänge und, wie sie in anderen Lektionen verwendet werden, oder diese ermöglichen – z.B. im Repolop.
Es folgen Lektionen von denen viele bisher nicht einmal gehört haben dürften: Sarabande, Pasaden, Falkaden
Weiter geht es zu Schulsprüngen, wir sehen Kapriolen, Balotaden, Croupaden.

Das Faszinierende an dem Gezeigten ist aber nicht das Ambiente oder die „Kostüme“ – diese sind hingegen zum mancherorts üblichen „Kostümreiten“ ein „schönes“ Beiwerk, eben Ausdruck der Darsteller bzw. sie runden natürlich das Bild ab, da man sich auf eine „lebendige“ Zeitreise in vergangene Epochen begiebt – als die Reiterei einen anderen Stellenwert und ein anderes Ideal, als auch Niveau hatte, als sie es heute hat.

In den Bann gezogen hat mich aber vor allem die Leichtigkeit der gezeigten Reiterei – egal welche Lektionen dem Zuschauer näher gebracht werden, so entsteht an keiner Stelle der Eindruck, dass diese dem Pferd unter Zwang beigebracht wurden oder nur heruntergespult werden. Im Gegenteil man sieht stolze Pferde, welche mit Glanz in den Augen zu strahlen beginnen und manchmal sogar den Eindruck erwecken, als wenn die gezeigte Lektion von höchster Schwierigkeit, in der Ausführung eine „Kleinigkeit“ gewesen wäre…

Im Gegensatz zur heutigen Reiterei gleich welcher Kategorie steht nicht der direkte Wettbewerb, mit dem Ziel eines Sieges im Mittelpunkt, sondern die künstlerische Beschäftigung mit dem zur damaligen Zeit üblichsten Fortbewegungsmittel – dem Pferd.
Dieses bekommt durch den Ausbilder einen Rahmen – in dem es sich nicht nur zur Höchstleistung eigener Möglichkeiten entwickeln kann – sondern auch darf.
Statt einem höher und weiter unter Inkaufnahme von Verschleiss und Zerstörung des inneren Wesens, sehen wir Pferde, welche in der Ausbildung immer stolzer werden, mehr Ausdruck bekommen und teils von unantastbarem Selbstbewusstein.
Zeit wird nebensächlich und sie wird gegeben. Dabei erhalten die Pferde einen Rahmen für eigene Expression – und DÜRFEN sich auch mit eigenem Charakter entwickeln .
Es wird klar: wer sich auf diesen Weg begiebt wird SEHEN worin die Unterschiede zur heutigen Beschäftigung mit dem Pferd begründet sind – mögen manche der gezeigten Lektionen spektakulär aussehen – so liegt die Grundlage in sehr unspektakulären Grundlagen: Zeit, Vertrauen und vor allem Respekt – Eine Basis die erst solche Dinge möglich machen.
Erst auf Basis dieser Arbeit entsteht dann der Anschein eines Tanzes…
Leider baut der Sport auf Basis von Zucht und Geld. Erfolg wird begründet auf eine Selektion aus tausenden.
Spektakel entsteht leider oft auf Basis von Strafe oder Überforderung – oft auf Kosten der Pferde . Denn nicht „Können“ beherrscht das Geschehen, sondern Geld und sehr oft auch Skrupellosigkeit.
Aber Pferde zum Strahlen zu bringen – ja sogar fehlerhafte und bereits aufgegebene, das vermögen nur wenige.
Zurück zur DVD:
Neben dem lebendigen Überblick über die einzelnen Lektionen erfolgt anschliessend eine Vorführung der „angewandten Reitkunst“. Denn nichts ist den Bückeburgern ferner als mit den Pferden Lektionen einzustudieren, nur um dem Zweck ihrerselbst – sondern sie sollten möglichst immer eine Anwendbarkeit haben:
Wir sehen das Fechten zu Pferd, das Ringstechen, einen Waffengarten und berittene Falknerei.
Wichtige Voraussetzung ist das sogenannte „Tummeln“ – bei der man Pferde in einer Wendigkeit und Präzision sieht die ihresgleichen sucht.
Im Bonusteil hält die DVD dann noch einen Überblick über die Pferde der Hofreitschule bereit, in dem man über Abstammung und Alter der Hengste informiert wird.

Am Schluss wird mir einmal mehr deutlich, warum ich mich für die Reitkunst begeistern kann und warum sie ein lohnenswerter Weg ist:

Das Spektakuläre im Sport – gleich welcher Kategorie – bringt die Massen
zum Grölen, Klatschen und Schreien.

Die Kunst ein stolzes Pferd zum tanzen zu bringen schafft es hingegen manche dazu zu bringen
vor Freude zu weinen!

Die DVD ist wirklich lohnenswert – zeigt sie doch eindrucksvoll, warum eine Reise nach Bückeburg so wertvoll ist und worin sich diese kleine Hofreitschule von anderen Institutionen unterscheidet. Sie bewahrt jahrhunderte alte Traditionen der Reitkunst „lebendig“ – bietet Kontraste zu üblichen Bildern und nimmt Zuschauer, gleich ob Reiter oder nicht, mit auf die Reise in längst vergessene Epochen.
Die „inneren Bilder“, welche beim zusehen entstehen prägen sich eindrucksvoll ein und allein durch diese gelingt es sicher vielen Pferden und Reitern ein „besseres Reiten“ zu ermöglichen, in Leichtigkeit, bei der Harmonie im Mittelpunkt steht – ungefragt der Schwierigkeit.
Wer im Kopf die Kunst vor Augen hat – kann auch sein Pferd zum Strahlen bringen und selbst zum Künstler werden.
Mit der Leichtigkeit als Grundsatz kann man alles erreichen – aber MUSS nichts.
Die Pferde werden es uns danken….

ein Bericht von Chris

Kategorie: Berichte